Michael Schröpl: SELFAKTUELL, Inflation und Orientierung, keine neue SELFHTML-Version etc.

Beitrag lesen

(Auf ausdrücklichen Wunsch von Stefan Münz - ursprünglich war das eine E-Mail, die ich jetzt noch geringfügig erweitert habe. Deshalb viele Themen berührend und etwas ausschweifend:)

Hallo Stefan,

Deine Darstellung zur Inflation der Information klingt in erster Linie frustriert. Ich hoffe, vage verstehen zu können, wie Du Dich fühlst. Allerdings ist Deine Darstellung bezüglich der nächsten Version sehr klar, und ich stimme Dir in allen wesentlichen Punkten zu.

SELFHTML war in den vorherigen Versionen in der Lage, ein komplettes Universum zu beschreiben - vielleicht mit dem Anspruch, den auch der "Anhalter durch die Galaxis" stellte. Je größer aber das Universum wird, desto dicker wird das Buch, und zudem werden die Erklärungen für die "unlogischen" Entwicklungen immer mühsamer.
An dieser Stelle war es Zeit, das Ziel genauer zu definieren, und das leistet Deine Darstellung zur neuen Version sehr gut. Der wesentliche Punkt, den ich vielleicht noch deutlicher heratsgestellt hätte, ist das "Paradigma" des Informationstransfers. SELFHTML war ein "Produkt" vom Autor für die Leser. SELFAKTUELL und die Foren  sind eine neue, interaktive "Dienstleistung", wo Geben und Nehmen harmonisch ineinander greifen. Das bedeutet mehr Engagement der "Konsumenten". Daran muß man sich gewöhnen - auch ich, der ich nicht regelmäßig online bin. Ich hoffe, demnächst öfters an der neuen Kommunikationsform teilnehmen zu können.
Diese Information über den "Paradigmenwechsel" muß aber auch publiziert werden. Sollte es SELFHTML 8.0 geben, dann muß sie darin so nachdrücklich darin erwähnt werden wie in Deiner aktuellen Ankündigung. Von alleine kommen die Leser nicht auf die Idee, daß SELFAKTUELL die Zukunft darstellen soll, zumal SELFHTML "bequemer" war.

Bei der Rückführung auf Hegel erscheint mir die Darstellung einen Punkt komplett zu ignorieren, den ich mal sehr ungenau mit "Kapitalismus" umschreiben will.
Ich persönlich halte Microsofts Anstrengungen, die  Marktführerschaft zu erringen, für *eine* wesentliche Ursache der Verkomplizierung. Microsoft war nie an Kompatibilität interessiert, sondern immer vor allem an Geld. (Was für sich genommen in unserer Gesellschaft nicht erstaunlich ist.) Das Halloween-Dokument erwähnt ausdrücklich (soweit ich mich erinnere) die Verkomplizierung von Standards als Mittel gegen die Freeware-Konkurrenz. Im WWW-Universum sehen wir eines der Ergebnisse. (Ich hoffe, meine Ausführungen klangen so wertfrei wie nur möglich ... und vielleicht ist diese meine Besorgnis der Grund, weshalb Du das Thema lieber nicht angeschnitten hast ...)

Zurück zu Deinem Werk: Wenn SELFHTML und seine "Gedankenfamilie" ihren ursprünglichen Anspruch weiterhin erfüllen sollen, dann halte ich den dezentralen Ansatz, der durch die Einrichtung von SELFAKTUELL begonnen wurde, für den richtigen - und die wachsende Liste an Artikeln scheint dies zu bestätigen.
Vielleicht ist Dein "Job" in diesem Universum zukünftig eher derjenige des Architekten als der des Maurers. Will sagen: Vielleicht wäre der nächste logische Schritt nicht SELFHTML 8.0, sondern der Aufbau einer *Graphenstruktur* an Web-Topics, die als Orientierungshilfe, zum Einordnen der Themenbereiche dienen sollte.
SELFHTML beschreibt ein Hypertextkonzept. Wieso also nicht auch auf der Makroebene eine Hypertextorganisation mit all ihren Ausprägungen?
Mit Deinem Überblick über das Ganze könntest Du die Knoten des Graphen (ein Baum wird nicht reichen) bauen, an dem Leute mit "lokalerem" Wissen wie ich mit Deiner Genehmigung ein einzelnes Blatt aufhängen dürfen.
SELFAKTUELL in Form einer linearen Liste von Artikeln wird bald sowohl den Platz in diesem Dokument sprengen als auch unübersichtlich werden.
Als Anfang könnte man versuchen, eine Einteilung der Artikel in Client-relevante (HTML, JavaScript, JAVA-Applets, ...), Server-relevante (CGI, .htaccess, Servlets, ...) usw. vorzunehmen - in dieser Hinsicht erfahre ich selbst bei .htaccess-Anfragen die häufigsten Probleme ("kann ich das auch auf meiner T-online-Homepage machen?"). Es wäre aber typisch für die Hypertext-Struktur des Themas, wenn es *mehr* als eine sinnvolle Aufteilung gäbe (beispielsweise kann man auch Java-Applets und -Servlets als Gruppe auffassen, weil sie dieselbe Sprache betreffen usw.)

Das bedeutet auch, daß Du einerseits Redakteure Deines Vertrauens haben und andererseits "loslassen" können mußt - beides wird nicht einfach sein. Insbesondere ermutigst Du potentielle Autoren mit Deiner Einstellung gegenüber der Sprachinflation nicht, genau über solche Themen kleine Artikel in SELFAKTUELL zu schreiben ...

Ich glaube nicht, daß Linus Torvalds heute noch den Löwenanteil an Linux-Code beisteuert, aber er steht als Name für Linux und hält wohl im Wesentlichen den Laden am Laufen. Ich halte diese Funktion für wichtiger als die Implementierung *eines* neuen Moduls oder die Beschreibung *einer* neuen Web-Sprache.