Stefan Muenz: The long now - das lange Jetzt

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Liebe Forumer,

bevor hier wieder alles in den vorherrschenden Fragen ertrinkt, wollen wir uns und einigen neueren Besuchern vielleicht doch auch mal doch auch mal wieder zeigen, dass es in diesem Forum auch um andere Dinge gehen kann, gehen darf.

In diesem Fall geht es um etwas, das in unserer schnellebigen Zeit voellig abhanden gekommen zu sein scheint - das Bewusstsein fuer grosse Zeitraeume, eine wichtige Voraussetzung, um so etwas wie Verantwortung fuer spaetere Generationen ueberhaupt haben zu koennen.

Zur Bewusstseinsbildung kann man viele schlaue Worte reden. Aber oft sind es "sinnfaellige" Dinge, die viel mehr zur Bewusstseinsbildung beitragen. So haben beispielsweise die Fotos unserer Erde aus dem Weltall unser Bewusstsein von der Begrenztheit und Verletztlichkeit der Erde vermutlich nachhaltiger beeinflusst als entsprechende wissenschaftliche Abhandlungen.

Das haben sich auch die Initiatoren von "The long now foundation" gedacht, die sich zur Aufgabe gesetzt haben, das Bewusstsein fuer lange Zeitraeume zu schaerfen. Neben einem Buch gibt es eine Website (http://www.longnow.org) - aber um mehr als nur viele Worte zu machen, wollen die Initiatoren eine "Langzeituhr" bauen. Diese Uhr soll nur einmal pro Jahr ticken, alle hundert Jahre soll der Zeiger vorruecken, und alle tausend Jahre soll der Kuckuck rauskommen. Das Bauwerk soll aus extrem bestaendigen Material entstehen und zu einem Besuchermagneten werden (z.B. wenn der alljaehrliche Tick ansteht, und erst recht natuerlich, wenn der Zeiger vorrueckt). Allein schon die Schwierigkeiten, die mit dem Bau einer Uhr verbinden sind, die mit von unserer Zivilisation unabhaengigen Mitteln (kein Chip fuer Synchronisation mit Atomuhr usw.) so lange Zeitraeume messen kann, dokumentieren, wie schwer wir uns damit tun, Dinge zu realisieren, die wirklich auf Langzeit ausgelegt sind.

Was auch immer man von dem Uhrenprojekt halten mag, an dem unter anderem auch Kuenstler wie Peter Gabriel und Brian Eno mitwirken - sich ueber "grosse Zeitraeume" Gedanken zu machen, ist sicherlich ein Schlag ins Gesicht unserer Zeit. Die naemlich hat sich dem exponentiellen Geschwindigkeitsrausch verschrieben: alle paar Monate verdoppeln sich typische Grenzwerte wie die Anzahl der Seiten im Internet oder die Taktrate der Computerprozessoren. Bei 12 Monaten Verdopplungsgeschwindigkeit und einer Messzeit von 10 Jahren 1024facht sich ein solcher Grenzwert in dieser Zeit. Dem "Fortschritt" kann man bereits zugucken, so schnell ist er. Vor zwei Jahren etwa schimpfte noch fast jeder ueber die Handy's allerorten - mittlerweile hat fast jeder selber eins (das herkoemmliche Telefon hat 20 bis 30 mal so lange gebraucht, um sich zu verbreiten). Frueher, so sagt jemand aus dem long-now-Projekt, frassen die Grossen die Kleinen, heute fressen die Schnellen die Langsamen. Je schneller aber alles gehen muss, desto mehr schwindet aber eben das Bewusstsein fuer die grossen Zeitraeume ...

Tja, und worauf will ich eigentlich hinaus mit alledem? Auf nichts Bestimmtes eigentlich. Vielleicht einfach die folgenden Fragen:

* Ist so ein Projekt wie "the long now foundation" und die Langzeituhr noetig, um unser Bewusstsein fuer lange Zeitraeume zu schaerfen? Kann man das auch mit anderen Mitteln trainieren?

* Was ist ueberhaupt ein "langer Zeitraum"? Welche Zeitraeume sind fuer "verantwortungsvolles Denken gegenueber spaeteren Generationen" eigentlich massgeblich?

* Ist es moeglich, dass unser exponentieller Geschwindigkeitsrausch irgendwann grausam kollabiert? Oder wird er eher in eine neue Dimension uebergehen, also etwa in eine Art "Zeitunabhaengigkeit" (beliebige Zellerneuerung fuer Leben, beliebig schnelle Raumueberbrueckung durch Beamen usw.)?

* Kann man "Bewusstsein fuer lange Zeitraeume" in die Alltagspraxis umsetzen? (Langsamer sprechen, mehr Zeit zum Antworten lassen, bei Terminnennungen von Auftraggebern milde laecheln ;-)?

* Wenn ihr versuchen wolltet, ein Webprojekt aufzuziehen, dass sich mit dieser Thematik befasst und etwas zum Thema "Langzeitdenken" beitragen wolltet - wie wuerdet ihr das angehen? Anders ausgedrueckt: habt ihr euch auch schon mal um "langfristige Datenhaltung" und dergleichen Gedanken gemacht?

Also - wer mag, kann seinen Gedanken dazu hier freien Lauf lassen ;-)

viele Gruesse
  Stefan Muenz

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The long now - das lange Jetzt

Stefan Muenz
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