Johannes Eble: Wie viel deutsche Einheit schafft eigentlich das Internet?

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Morgen Stefan und die anderen,

Scheinbar nur dir und wenigen anderen. Frueher waere so ein Thread anders abgegangen. Aber hier regieren halt die Eierkoepfe. Ich werde ueber die Konsequenzen nachdenken.

Vorsicht. Willst du etwa, dass hier jeder Eierkopf seine  Meinung abgibt? Also gut, gebe ich eben auch meinen Senf dazu. Ich (Wessi) halte den Fall der Mauer und die Wiedervereinigung fuer etwas wirklich grossartiges, nicht nur fuer Deutschland, sondern fuer ganz Europa. Es ist schon fast ein Wunder, dass sich zwei Armeen, die sich feindlich und bis an die Zaehne bewaffnet gegenueberstanden, vereinigt wurden, ohne auch nur einen Schuss abzugeben.
Der "Konflikt" Ossi-Wessi wird nicht nur wegen den Medien hochgespielt, sondern weil es wohl auch eine deutsche Mentalitaet ist, alle positiven und erfolgreichen Entwicklungen mieszumachen. Natuerlich gibt es auch Schattenseiten, die waren aber gar nicht alle zu vermeiden, nach 40 Jahre Sozialismus. Ich halte den Konflikt hauptaechlich fuer einen Verteilungskampf, so wie er ihn in anderen Bereichen auch gibt (schaut nur  "unsere" Bauern, Bergleute usw. an). Ich habe eigentlich wenig Kontakte zu Ostdeutschen, dafuer aber zu Tschechen. Da hoert man haeufig totales Unverstaendnis ueber die ehemaligen sozialistischen Bruedern, die trotz ungeheueren Transferleistungen vom grossen West-Bruder immer noch am meisten jammern.
Ich habe auch den Eindruck, dass viele der wieder aufkommenden Nostalgien bei manchen Ostdeutschen auch Zeichen sind, dass sie mit den radikalen Veraenderungen nicht so schnell fertig werden, dies gilt wohl auch fuer den Neo-Nazismus. Irgendwo ist dies auch verstaendlich: Was gibt es im Westen manchmal fuer einen Aufstand, wenn ein Werk geschlossen wird. Im Osten brachen aber ganze Industriezweige weg.
In 30 Jahren sind wir Wessis am Jammern, und der Osten steht glaenzend da.
He, ihr Dresdner. Warum baut ihr die Stadt nicht so auf, wie sie vor dem Krieg war, die Prager Strasse war soooo schoen!?
Ich denke, dass die ganze Problematik vollkommen unabhaengig vom Internet ist. Sicher, das Internet kann zusammenfuehren, aber als erster Schritt muss die Bereitschaft dazu sein. Und die ist bei den meisten Ostdeutschen (vielleicht eher) und Westdeutschen eh gegeben.

Genug gelabert.

Viele Gruesse

Johannes

Wir alle brauchen uns also nicht über verpasste Chancen im gegenseitigen Verständnis füreinenader zu beklagen. Jeder "Ossi" und jeder "Wessi" hat sein Schärflein dazu beigetragen oder auch nicht.

Ja, wahrscheinlich traegt jeder von uns irgendwelche Ressentiments in sich rum. Leider tragen vor allem die Medien dazu bei. Armin hat hier ein typisches Beispiel genannt: da sollen Ossis und Wessis nun "diskutieren". Ja, ist doch klar, in so einer Situation sollen sie von vorneherein als Gegner antreten und fuer eine pikante Stimmung sorgen. Je heftiger die Sachen, die sich die Diskutanten an den Kopf werfen, desto besser fuer den Diskussionsveranstalter. Vielleicht klicken die Leute dann aus Wut sogar auf die Werbebanner.

Egal, was ich sagen will ist eigentlich: vor allem die Medien reissen immer wieder den Graben zwischen den "Zusammengewachsenen" auf. Da hoere ich in den Nachrichten, dass sie in Magdeburg oder Rostock wieder einen Schwarzen kaputtgeschlagen haben, aber mit so einem Zusatz wie "das ist nun schon das vierte mal in diesem Jahr, dass in Ostdeutschland... usw.". Normalerweise wuerde ich mir dann denken "Scheiss Typen". Aber so wie es in den Nachrichten rueberkommt, denke ich unwillkuerlich "Scheiss Ossis". Und genau das ist das Problem. Da muss man genau auf sich selber bzw. auf das aufpassen, was da in den scheinbar objektiven Nachrichten an Meinungsmache mitgeliefert wird.

Ich behaupte mal: es gibt nur wenig pathetischen Vereinigungswillen in Deutschland, aber es gibt eine Menge Normalisierungswillen. Und es waere schoen, wenn man den foerdern wuerde.

Erst über das Internet habe ich definitiv Menschen aus dem ehemaligen Osten kennengelernt, mit ihnen gefeiert und Schach gespielt *schönen Gruss an Gernot, Antje, <g>*.

Eben so gehts mir auch. Und deshalb das Thema dieses Postings ;-)

viele Gruesse
  Stefan Muenz