Swen Wacker: kostenlose Programme

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Moin,

Wie kommt es eigentlich, dass nun gerade Software teilweise kostenlos angeboten wird? [...]
Als Beispiel fällt mir Apache ein. Da arbeiten ja ne Menge Leute dran. Wieso kostet der nichts? Man muss das ja auch mal so sehen: Würde er kommerziell vermarktet, würde das ja auch Arbeitsplätze schaffen und sich so ganz allgemein in den Wirtschaftkreislauf einfügen.

Anhand des Apache-Projektes vier Erklärungsansätze:

Vorweg:
Ich kenne niemanden (na ja, genau genommen immerhin zwei oder drei, aber mit denen habe ich darüber nie gesprochen :-)), der für Apache arbeitet. Und was zur Begrifflichkeit: Kostenlose Software muss noch lange keine freie Software sein. Schau Dich mal bei der Apache Software Foundation um und studiere das Lizenzmodell.

So, nun geht's aber los:

  1. Die Leute, die den Apache bauen, könnten auf die Idee gekommen sein, sich ihren eigenen Markt zu schaffen. Sie bauen einen Server, den, da kostenlos, jeder haben möchte. Ihn zu betreuen, zu pflegen, sicher einzurichten etc. kostet aber viel Mühe. Und dafür bezahlen die dann jemanden, der sich mit der Software auskennt - z.B. einen der Entwickler. Das ist das Öllämpchenprinzip: verschenke das Öl, verkaufe die Lampe und verdiene eben _daran_.

  2. Auf der Makroebene: Der Apache-Server wird von vielen "Installateuren" angeboten, die allesamt untereinander im Wettbewerb stehen. Jeder kann "Installateur" werden. Eine Freie Software erzwingt - per Definition - einen freien Markt und damit marktwirtschaftliche Mechanismen bei der preislichen Entwicklung. Solange die Software frei bleibt, ist dieser Prozess nicht umkehrbar. Volkswirtschaftlich gesehen ist frei Software also eine durchaus gute Idee. Der Microsoft-Server ist damit nicht gleich böse. An dieser Firma zeigen sich aber exemplarisch die Probleme, die der Dominanz eines Herstellers volkswirtschaftlich anrichten kann: Monopole führen tendentiell zu höheren Preisen, sowohl beim Ankauf als auch bei der Unterhaltung, dem Service. Schau Dir mal die preisliche Entwicklung der Standardlösungen in der Bürosoftware an. Die Lizensen für MS-Produkte werden immer teurer. MS kann sich das als Quasi-Monopolist leisten, weil viele große Firmen faktisch keine andere mehr Lösungen sehen (wollen/können), als ihre Mitarbeiter z.B. mit NS Word arbeiten zu lassen: "Es gibt doch nicht anderes". Dass das falsch ist, muss ich hier nicht erklären. Dass der Chef dass trotzdem nicht glaubt, hat sicher mancher hier schon erlebt :-(

  3. Dann kommt - gerade bei Servern - noch das Thema Sicherheit ins Spiel. Nur weil ein Quellcode nicht frei erhältlich ist, heißt es noch lange nicht, dass Sicherheitslücken nicht gefunden werden können; MS-Server sind da ein prima Beispiel für. Freie Software ist natürlich auch nicht frei von Sicherheitslücken. Aber sie werden in der Regel schneller geschlossen, da Fehlerquellen schneller erkannt werden können und das ändern im Quellcode - jedenfalls prinzipiell - von "jedermann" erledigt werden kann. Wie gesagt: In der Regel. Es gibt etliche Beispiele, wo auf bei freier Sicherheitslücken lange nicht erkannt wurden. Es gibt aber, und das ist eintscheident, kein Beleg, dass nicht in Quellcode verfügbare Software insoweit und deshalb sicherer wäre.

Nicht nur in dem Zusammenhang: Als Unternehmer kann ich mich, hier wird es fast wieder volkswirtschaftlich, auch auf das gewaltige Potential der Entwicklergemeide verlassen und freue mich an der großen Zahl der (Hobby-)Entwickler, die irrsinnig viel Zeit in die Verbesserung der Software (Neue Ideen ausprobieren, Lücken suche, Fehler patchen) stecken: Manpower, die ich sonst teuer bezahlen müsste. Und solange die kritische Masse da ist, ist auch Qualität sicher gestellt.

  1. Und dann wäre da noch die politische Frage. Wer schon immer mal den Kapitalismus überwinden wollte, kann freie Software gleich als Flagschiff benutzen. Oder Freie Software wenigstens als alternatives Denkmodell in der geldorientierten Welt sehen.

So, das in aller Kürze.

Ich könnte es mir nicht leisten, meine Zeit für Softwareprogrammierung zu verwenden, die mir nichts einbringt.

Du _kannst_ schon :-)
Ich kann es mir z.B. leisten, wöchentlich etwa 10 bis 12 Stunden mit Sport zu verbringen. Ich bekomme kein Geld dafür. Im Gegenteil, ich zahle drauf. Ich zahle 50 oder mehr Euro dafür, zusammen mit 20.000 anderen Bekloppten 42 Kilometer durch asphaltierte Innenstädte zu laufen oder über irgendwelche Alpenpässe mit den Rennrad zu gurken. Na und, andere programmieren in Ihrer Freizeit. Und mir gefällt es so :-)

Gruß

Swen