Andreas Lindig: Arbeitszeugnis, was meint ihr?

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Hallo,

hmm..., ich habe selbst noch nicht viele Zeugnisse bekommen und kenne mich da nicht wirklich aus, aber da ich noch nicht schlafen will, gebe ich hier auch mal meinen Senf dazu:

1.
was das ZeugnisDeutsch im Einzelnen genau bedeutet, haben sich irgendwelche Schlaumeier ausgedacht und unterrichten das im BWL-Studium oder sonstwo. Das ist aber DEREN Definition. Das soll heißen: wer diese Spezialbedeutungen nicht genau kennt, für den haben die Floskeln und Fallstricke eben auch nicht diese Bedeutung. Das gilt sowohl für den lesenden neuen Chef, als auch für den schreibenden alten Chef. Ich vermute bei Deinem alten Chef z.B., daß er da nicht sonderlich firm drin ist. Das Ganze ist doch sehr holprig formuliert. Ich glaube, daß in Kleinbetrieben allgemein die Kenntnisse diesbezüglich nicht sehr verbreitet sind. "stets zur vollsten Zufriedenheit" kennt wohl noch jeder, aber dann wirds schon mau. Obwohl die genannte Formulierung ja sowas von krank ist...

2.
"die schlechtesten Mitarbeiter werden mit den besten Zeugnissen entlassen" - Dieser Satz ist nicht von mir, sondern von einem Chef, der sowohl eingestellt, als auch Zeugnisse geschrieben hat. War mal im Radio. Man kann natürlich ganz ketzerisch mal fragen: was hat ein Chef davon die Wahrheit zu schreiben? Wenn er doch mit entsprechendem Zeugnis schlechte Mitarbeiter der Konkurrenz unterjubeln kann? War jetzt nur mal so'n Gedanke, um diesen Zeugnis-Wahn etwas in Frage zu stellen.

3.
Bezugnehmend auf 1. kann man fast immer negativ-Deutbares finden. Ich interpretiere mal bewußt negativ, nur um so eine möglich Denke eines Lesers aufzuzeigen, der glaubt zu wissen, was der Schreiber gemeint hat:

Herr X verfügt über vielseitige Fachkenntnisse, die er in der Praxis erfolgreich einsetzt.

vielseitig ist nicht das Geforderte. Der hampelt überall rum. "auch mal" erfolgreich oder was? Hat er die Praxis gemeistert oder nicht?

Durch seine hervorragende Auffassungsgabe war Herr X in der Lage, neue Entwicklungen zu überschauen und deren Folgen abzuschätzen.

Der Sesselpupser hat immer rumgesessen und große Töne gespuckt. Und für schlauer als alle anderen hat er sich auch gehalten.

Herr X erledigte seine Aufgaben mit großem Engagement und persönlichem Einsatz während seiner gesamten Ausbildung in unserem Unternehmen.

hat sich stets bemüht, man sah die Schweißtropfen auf seiner Stirn ;-)

war jetzt alles nur mal'n Spaß, aber ich sehe das eigentliche Problem nicht in dem Zeugnis, sondern in den Chefs, die meinen genau zu wissen, was das zwischen den Zeilen steht - und danach dann auch noch entscheiden.

Gruß, Andreas

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