molily: Erstarken von proprietären Techniken (Achtung, Flame)

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Hallo,

Microsoft wird seit Ewigkeiten gerne für die proprietären Teile von JScript gescholten, aber in letzter Zeit war es aber vor allem Gecko, der durch »Eigenerfindungen« auf sich aufmerksam machte.

Kunststück, "in letzter Zeit" hatte Microsoft ja auch eindeutig das Interesse an der Weiterentwicklung des IE verloren.

Das war mir klar. Ich wollte nicht die Erfindungswut von Microsoft und Mozilla im Zeitraum X miteinander vergleichen, sondern dem gängigen Stereotyp eine Absage erteilen, nach dem Microsoft für Eigenerfindungen und Gecko für Standardimplementierung steht.

Mit der heimlichen Fortentwicklung der proprietären Netscape-JavaScript-Spezifikation, ohne formal eine neue Version 1.6 auszurufen, haben die Gecko-Entwickler ein weiteres Mal gezeigt, dass ihnen trotz aller Fortschritte an manchen Stellen wenig an demokratischer Entwicklung von offenen WWW-Techniken liegt.
Was ist denn demokratischer, ein Konsortium, das keine Privatpersonen aufnimmt und das von seinen Mitgliedern drei- bis fünfstellige Beiträge verlangt -- soviel zur "Barrierefreiheit" --, oder ein Open-Source-Projekt?

Was ist das für ein Argument? »Demokratisch« meint hier erst einmal der auf vernünftigem Weg gefundene Konsens unter Browserherstellern. Dieser ist per definitionem nicht dadurch möglich, dass ein Browserhersteller ohne jegliche Absprache proprietäre Techniken erfindet, selbst wenn er für sich betrachtet scheinbar demokratisch aufgebaut ist. Ein Gremium hingegen ist m.M.n. die Bedingung für die Möglichkeit eines solchen Konsenses. Ob man nun konkret dem W3C und dessen Working Groups zuschreibt, diese Bedingung hinreichend zu erfüllen, ist erst einmal nebensächlich.
Im Übrigen erscheint mir deine Darstellung realitätsverzerrend. Ich verfolge die Diskussionen um die Annahme gewisser Techniken durch das Mozilla-Projekt durchaus. Und nein, ich habe leider nicht den Eindruck bekommen, dass die Strukturen dort auch nur halbwegs demokratisch funktionieren. Wenige Menschen haben offenbar erschreckenden Einfluss und entscheiden in gewissen Bereich anscheinend alles alleine. Beim W3C habe ich, anders als deine Aussage vermuten ließe, durchaus den Eindruck, dass die Prozesse relativ offen ablaufen unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das W3C keine Volksvertretung sein will. Sicher sind die Partizipationsmöglichkeiten und das tatsächliche Gewicht von kritischen Stimmen von außerhalb letztlich lächerlich, weshalb ich der Letzte bin, der das W3C vor solcher Kritik in Schutz nimmt. Das gestehe ich alles zu. Zur Frage »wie erreicht man ein WWW mit brauchbaren, breit unterstützten Techniken« einen Vergleich zwischen dem Mozilla-Projekt in seiner Eigenschaft als Open-Source-Projekt und dem W3C hinsichtlich demokratischer Entscheidungsfindung aufzustellen, halte ich hingegen für wenig erkenntnisfördernd. Selbst wenn das W3C als Vermittler scheitert, der Verzicht auf jegliche Vermittlungsversuche ist per se kein Weg.

Mathias