Daniel Thoma: XHTML2?

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Hallo Björn,

Dementsprechend muss man sich bei XHTML 2.0 die Frage stellen, wann kann man das überhaupt als Ersatz für HTML 4.01 bzw. XHTML 1.x in der Praxis verwenden? Dazu müssten schon weit über 95% der Browser und Suchmaschinen und Linkchecker und ... das unterstützen.

Browser ja, Suchmaschinen sind vermutlich kein Problem. XML-Tags rauswerfen ist ziemlich einfach, egal welche XHTML-Version das Dokument verwendet und interpretieren müssen sie im wesentlichen Tags für Links und Seitentitel.

Bei den Browsern braucht es wohl wirklich > 90%, allerdings bei Berücksichtigung der Verbreitung. Firefox und IE dürften also reichen, damit es eingesetz wird. Klar ist, dass das noch ziemlich lange brauchen dürfte. Allerdings ist das kein Argument, gegen XHTML 2.0. Wenn man Dinge ändern will, muss man eben mal damit anfangen, sie zu ändern.

Eins der Probleme die wir heute haben ist, wie können wir die vielen Formate, die wir entwickelt haben, SVG, SMIL, XHTML, MathML, und viele andere, in einem Dokument kombinieren? XHTML 2.0 hat darauf keine Antwort.

XHTML 2.0 basiert auf der Modularisierung von XHTML. Die Spezifikation ist ja schon in Module gegliedert. Das ist genau die Antwort auf dieses Problem. Die XHTML 2.0 Spezifikation regelt allerdings nur die eigentliche HTML-Syntax.
Wie man eigene Module definiert, regelt die "Modularization of XHTML"-Spezifikation.
Für XHTML 1.1 gibt es auch schon einen WD, der ein Profil beschreibt, das XHTML 1.1 MathML 2.0 und SVG 1.1 kombiniert. Man kann wohl davon ausgehen, dass es für XHTML 2.0 soetwas auch geben wird.

Eine andere Herausforderung ist, was ist, wenn wir feststellen, dass wir neue Elemente oder Attribute brauchen, wie können wir diese hinzufügen und nutzen, aber gleichzeitig sicher stellen, dass die Inhalte auch in alten Browsern vernünftig funktionieren?

Abwärstkompatibilität ist schön, aber gelegentlich muss man damit auch ein Stück weit brechen, wenn man weiter kommen will. HTML 4 bzw XHTML 1 und CSS 2 sind gerade erst so weit, sich richtig durchgesetzt zu haben. Die Technologien sind auch robust genug, noch einige Zeit als Grundlage des Webs zu dienen. Ich finde das keinen schlechten Zeitpunkt, den nächsten größeren Schritt anzugehen.

Auf der anderen Seite muss man sich dann ansehen, was im Moment mit HTML 4.01 und XHTML 1.x passiert. Ian Hickson macht unter http://whatwg.org/ ja einige Vorschläge dazu, die Teils in die Browser und andere W3C Spezifikationen einfliessen, wo besonders darauf geachtet wird, dass man die Dinge ohne viel Aufwand schon heute so einsetzen kann, dass sie auch mit älteren Browsern zumindest soweit funktionieren, dass der meiste Inhalt auch ohne Unterstützung für neue Funktionen zugänglich bleibt.

Was da betrieben wird, scheint mir im wesentlichen ein Rumbasteln an HTML 4/XHTML 1 zu sein. Ein paar neue Formularelemente und ähnliches. Das ist sicher hilfreich, um HTML 4 noch eine weile einsatzfähig zu halten.
Es ist aber keine weitreichende, konzeptionelle Weiterentwicklung.
Ich will die Arbeit der WHATWG nicht schlecht machen. Es ist sicher sinnvoll, Ergänzungen der einzelnen Browser zu koordinieren und auch außerhalb des W3Cs neue Ideen zu entwickeln.
Dass der IE diese Erweiterungen implementieren wird, halte ich allerdings ebenfalls für sehr unwahrscheinlich. Immerhin setzt sich die Gruppe im wesentlichen aus Microsoft-Konkurenten auseinander. Dass die Erweiterungen in nächster Zeit im Web einsetzbar werden, ist also auch nicht zu erwarten.

Grüße

Daniel