Günter Frhr.v.Gravenreuth: Heise-Verlag fordert nun selbst Haftung für Forenbetreiber

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P R E S S E M I T T E I L U N G
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Heise-Verlag mahnt Forenbetreiber ab

Der Hannoveraner Heise Verlag hat eines der größten deutschsprachigen Internetforen wegen Urheberrechtsverletzungen abgemahnt und zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Der Vorwurf: In dem Forum seien von Dritten Beiträge u. a. aus dem Heise-Newsticker als Posting übernommen worden. Damit werde das Urheberrecht des Heise-Verlags verletzt.

München/Hannover (18.03.2006). Der Heise Zeitschriften Verlag ist der wohl führende deutsche Verlag im IT-Bereich. In ihm erscheinen u. a. die IT-Fachmagazine „c’t“ oder „iX“. Unter www.heise.de betreibt der Verlag seit fast zehn Jahren einen Newsticker, in dem täglich bis zu zwei Dutzend aktuelle Meldungen aus den Bereichen IT und Telekommunikation – im weitesten Sinne – erscheinen. Zu jeder veröffentlichten Nachricht wird den Usern ein Diskussionsforum angeboten, in dem „Leserkommentare“ veröffentlicht werden können.

Wegen dieser Foren wurde der Heise-Verlag im vergangenen Jahr gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit Urteil vom 02.12.2005 verpflichtete das LG Hamburg (Aktenzeichen: 324 O 710/05) den Verlag, Vorkehrungen zu treffen, damit in seinen Foren künftig bestimmte rechtswidrige Äußerungen nicht wiederholt werden können. Der Syndikusanwalt des Heise-Verlages, RA Joerg Heidrich, hatte dieses Urteil seinerzeit als systemwidrig bezeichnet. Er verwies darauf, dass nach dem in § 11 TDG kodifizierten Willen des Gesetzgebers sowie nach EU-Recht (Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000) der Diensteanbieter nicht zur, auch nur vorbeugenden, Kontrolle fremder Inhalte verpflichtet sei oder verpflichtet werden könne. Der von dem Aufsehen erregenden „Foren-Urteil“ betroffene Verlag hat angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.

Neuerdings macht sich der Verlag die von ihm zuvor als gesetz- und systemwidrig vertretene Auffassung jedoch zu eigen: Am 17.03.2005 ließ der Heise-Verlag den Betreiber eines der größten deutschsprachigen Internetforen mit über 100.000 angemeldeten Usern und fast 600.000 Beiträgen abmahnen. In diesem Forum seien von Dritten Beiträge aus dem „Heise-Newsticker“ und anderen Verlagspublikationen in voller Länge als Posting übernommen worden. Dies sei nicht mehr durch das urheberrechtliche Zitatrecht gedeckt, sondern verletze das Urheberrecht des Verlages. Dem Forenbetreiber sei dies „unmittelbar“ zuzurechnen, weil Moderatoren und Administratoren sich zu diesen Beiträgen geäußert hätten, also positive Kenntnis hatten, hieß es in der anwaltlichen Abmahnung weiter.

Der Betroffene wurde aufgefordert, bis kommenden Freitag eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. In dieser soll er sich dazu verpflichten, konkret bezeichnete Beiträge, für die der Heise-Verlag das Urheberrecht behauptet, nicht weiter zu veröffentlichen, zu verbreiten und/oder öffentlich zugänglich zu machen. Er soll sich ferner verpflichten, an den Heise-Verlag Schadensersatz (z. B. in Form einer Lizenz) zu leisten.

Obwohl der abmahnende Verlag über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, dem der Syndikusanwalt des Unternehmens vorsteht, und regelmäßig Rechtsreferendaren Stellen anbietet, nach deren Job-Beschreibung „die Durchsetzung von Urheber- und Nutzungsrechten insbesondere im Internet“ zum Aufgabenfeld gehört, schaltete Heise ein externes Rechtsanwaltsbüro ein. Die hierfür angefallenen Kosten nach einem Gegenstandswert von € 50.000,00 in Höhe von € 1.600,57 (brutto) soll der Forenbetreiber ebenfalls erstatten.

Der Fall wird in Internet auf der Seite

http://www.nicht-von-heise-kopieren.de

dokumentiert; dort wird auch über den Fortgang der Sache berichtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Frhr.v.Gravenreuth
Rechtsanwalt, Dipl.Ing.(FH)